Bei Herbert


schräger alter Kauz mit Iro
“Was machst’n du, so?”
Herbert, uckermärker hero

“Ich bin einfach hier
und mach so rum”
kommts maulig und wir
gehen stumm
in’s Haus

drin bollert warm das Holz im Herd,
draussen kommt die Nacht
zwischen all den alten Sachen
die was zu erzählen haben
löst sich auch Herberts Zunge sacht

bald stellen wir verwundert fest
– welch kleines Land in dem wir lebten –
wir kommen aus dem gleichen Nest
gleich die Musik für die wir brannten
gleiches Land und gleiche Stadt
gleich die Idole die wir kannten

die alte Zeit sitzt mit am Tisch
bei Kerzenschein
die Gute oder war sie nicht doch schlecht?
wir sind uns alle nicht mehr sicher
ob Heimat oder grau und ungerecht

wir stochern in der Subkultur
vergangner Zeiten
das Herz erwärmt sich beim Erinnern
dann kommt der 30 jahre alte Brand
heizt ein, schürt unser Feuer
und draussen peitscht Regen auf das Land

auf Frauen, sagt Herbert,
lass ich mich nicht mehr ein
zur Nacht kommt als Poltergeist
eine dieser Fraun herein,
die schläft nur hier meint Herbert
ähh? – lebst du nicht allein?
egal, sie setzt sich zu uns
und auf dem Tisch steht neuer Wein

kommt lasst uns trinken wie in alten Tagen
noch lange reicht das Kerzenlicht
es gibt doch noch soviel zu sagen
und den Alltag verpassen wir schon nicht

weiter reist der Punk zurück
durch seine 66 Jahre
spricht von Rompe, Bargeld, Feeling B
als gäb es keine grauen Haare
wir vernehmen Majors ende
nach des Landes grosser Wende
und von Rolf, dem reichen, nebenan
den jetzt die Taschen hat als Mann –
dann gähnt der Hausherr
scheucht uns ins Bett
was reim ich nur darauf?
bei Herbert reimt sich nichts auf nett



Bei Herbert im Gesindehaus 7, Neu Temmen, September 2015


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